Fnirsi LCR-ST1, die intelligente LCR-SMD-Pinzette (Review)

    • von Harry Baggen
    • Lesezeit: 7 Min.

    Kürzlich haben sowohl Zoyi als auch Fnirsi erschwingliche intelligente Pinzetten auf den Markt gebracht, die sogar Induktivitäten messen können - und das für nur ein paar Dutzend Euro. In diesem Testbericht untersuche ich, was der Fnirsi LCR-ST1 von Fnirsi für so einen kleinen Preis leisten kann und bewerte seine praktische Nützlichkeit.

    Die Identifizierung und Messung von passiven SMD-Bauteilen ist oft eine Herausforderung. Diese Teile sind winzig, und man kann nicht immer anhand ihrer Form erkennen, ob es sich um einen Widerstand, einen Kondensator oder eine Induktivität handelt. Um die Messung dieser SMDs zu vereinfachen, haben einige Hersteller vor Jahren eine „intelligente Pinzette“ eingeführt – ein Miniatur-Messgerät LCR meter mit pinzettenförmigen Fühlern, die an ein SMD-Bauteil gedrückt werden können, um es zu messen. Die ursprünglichen Geräte waren (und sind immer noch) recht teuer, doch bald darauf tauchten erschwingliche chinesische Versionen mit ähnlichem Design auf. Der größte Nachteil war jedoch, dass diese billigeren Versionen (mit wenigen Ausnahmen) nur Widerstände und Kapazitäten messen konnten, nicht aber Induktivitäten.
     

    The Fnirsi LCR-ST1 in situ
    Das Fnirsi LCR-ST1 eignet sich nicht nur für die Messung von SMDs, sondern auch für drahtgebundene Komponenten.

    Der Fnirsi LCR-ST1: Viel Messgerät für wenig Geld

    Wenn man die Verpackung der Fnirsi LCR-ST1 öffnet, ist es kaum zu glauben, was man für unter 40 Euro bekommt. In einem ordentlich gefütterten Etui befinden sich die Messpinzette, zwei zusätzliche Messspitzen mit gekrümmter Spitze, ein USB-C-Kabel und eine Magnetplatte zum Befestigen der Pinzette. Außerdem gibt es ein kleines Handbuch in Chinesisch und Englisch, das zwar kurz ist, aber alle wichtigen Informationen enthält, die Sie für die Verwendung des Geräts benötigen.

    Fnirsi LCR-ST1 unboxed
    Das alles bekommen Sie für weniger als 40 Euro!

    Das Gehäuse der Messpinzette ist etwa 6 x 2,8 x 1,9 cm groß und verfügt über ein 29 mm großes Farbdisplay. Am schmalen Ende des Gehäuses befinden sich zwei jeweils etwa 9 cm lange Messspitzen. Die Metallspitzen sind an ihren Enden mit Schrauben befestigt und können ohne Werkzeug festgezogen oder gelöst werden, so dass ein Wechsel zu den anderen Spitzen, die im Set enthalten sind, leicht möglich ist.

    Die Bedienelemente sind einfach gehalten. Neben dem Display gibt es eine Ein/Aus-Taste und eine Speichertaste. Seitlich befindet sich ein dreifacher Kippschalter, der sich nach links und rechts bewegen lässt; man kann ihn auch drücken. Seine Funktionen erkläre ich später im Detail. Der USB-C-Anschluss an der schmalen Seite ermöglicht das Aufladen des internen Akkus des LCR-ST1 und den Anschluss an einen PC.

    Fnirsi LCR-ST1 button
    Mit dem Dreiwegeschalter an der Seite können die meisten Einstellungen des Geräts angepasst werden.

    Die Messfunktionen des Fnirsi LCR-ST1

    Nach dem Einschalten startet das LCR-ST1 im Automatikmodus und erkennt automatisch, ob es sich bei dem zu prüfenden Bauteil um einen Widerstand, einen Kondensator oder eine Induktivität handelt. Der primäre Messwert (bis zu vier Digits) ist deutlich in der Mitte zu sehen, mit dem Serienwiderstand (R) und dem Verlustfaktor (D) darunter in kleinerer Textgröße. Die Messspannung (oben) kann entweder 0,6 V (Standardeinstellung) oder 0,3 V betragen, was durch den Dreiwegschalter eingestellt werden kann. Die niedrigere Spannungseinstellung ist für Messungen im Stromkreis nützlich, da sie die Erfassung von Diodenübergängen vermeidet. Das Gerät zeigt auch die Messfrequenz an. Sie kann mit dem gleichen Schalter auf 1 kHz (Standard), 100 Hz oder 10 kHz eingestellt werden. Eine solche Vielseitigkeit hätte ich von einem so günstigen Messfühler nicht erwartet.

     
    display 1
    Das helle Farbdisplay zeigt u.a. den aktuellen Messwert, den Serienwiderstand und den Verlustfaktor an.

    Speicherung von Messwerten

    Mit der Speichertaste können Sie Messwerte einfrieren; das Gerät speichert sie auch als CSV-Datei. Über den USB-Anschluss können Sie diese Messungen später über einen PC auslesen. Über denselben USB-Anschluss lassen sich auch Firmware-Upgrades einfach einspielen. Wenn Sie die Speichertaste gedrückt halten, öffnet sich ein Einrichtungsmenü, in dem Sie Einstellungen wie die Display-Helligkeit, die Summerlautstärke und die automatische Abschaltzeit anpassen können. Das Display ist recht hell, daher habe ich die Helligkeit für den normalen Gebrauch etwas reduziert.

    Automatischer und manueller Betrieb

    Neben dem Automatikmodus können Sie manuell die Widerstands-, Kapazitäts- oder Induktivitätsmessung mit dem Dreiwegschalter auswählen. In der vierten Position kann das LCR-ST1 Dioden messen. Aufgrund seiner niedrigen Messspannung misst er nur einfache Dioden, keine LEDs. Einzigartig bei Diodenmessungen ist, dass das Display die Polarität der Diode anzeigt, unabhängig von der Orientierung der Diode, da die Sonde diese automatisch anhand der Wechselspannung erkennt.

    display 2
    Bei der Messung von Dioden wird auch die Polarität der Diode zwischen den Messpins angezeigt.

    Das Fnirsi LCR-ST1 in der Praxis

    Die LCR-ST1 ist mit nur 40 Gramm ein Leichtgewicht und liegt gut in der Hand. Es ist nach etwa einer Sekunde eingeschaltet und einsatzbereit. Das Display ist gestochen scharf und die Werte sind aus jedem Winkel klar und deutlich ablesbar. Die Bedienelemente sind intuitiv, und die Bedienung ist nach ein paar Versuchen auch ohne Handbuch einfach. Die Messspitzen aus Metall sind recht spitz, obwohl manche Benutzer sie für die Messung von verlöteten Bauteilen auf einer Leiterplatte vielleicht eher noch spitzer hätten – mit einer Feile lässt sich das leicht beheben.

    In-Circuit Tests

    Ich habe verschiedene Bauteile einzeln und einige direkt auf einer Leiterplatte getestet; das ging schneller und war effizienter als die Verwendung der SMD-Messpinzette an meinem größeren LCR-Messgerät. Wenn man Bauteile auf einer Leiterplatte misst, ist es hilfreich, den Schaltplan zur Hand zu haben, um zu verstehen, welche Teile miteinander verbunden sind. Im Automatikmodus hat das Messgerät fast alles zuverlässig erkannt. Auch verdrahtete Bauteile lassen sich mit diesem Gerät gut messen. Die Rillen an der Innenseite der Messspitzen halten kleine Bauteilanschlüsse, wie die von Kondensatoren, sicher fest, so dass sie nicht verrutschen können.

    close up
    Die Messspitzen sind nicht sehr spitz, aber können aber problemlos nachgefeilt werden.

    Integrierte Kalibrationsfunktion

    Die Messpinzette hat eine eingebaute Kalibrationsfunktion, um den Widerstand zwischen den Spitzen zu kompensieren. Die Kalibrierung erfolgt durch Zusammendrücken der Spitzen und kurzes Drücken der Ein-/Ausschalttaste. Ich konnte jedoch keine große Wirkung feststellen. Wenn die Spitzen geschlossen waren, zeigte das Messgerät einen Wert von einigen Milli-Ohm an, der sich kaum veränderte – ein bemerkenswert niedriger Widerstand von 2 bis 5 Milliohm für ein so einfaches Gerät. Es scheint ein zusätzliches Kalibrationsmenü zu geben, auf das man zugreifen kann, indem man beim Einschalten des Geräts den Dreiwegschalter nach links drückt, obwohl das genaue Verfahren nicht dokumentiert ist.

    Die Genauigkeit der Fnirsi LCR-ST1

    Um die Genauigkeit zu testen, habe ich verschiedene Widerstände, Kondensatoren und Induktivitäten gemessen und die Ergebnisse mit meinem Haupt-LCR-Messgerät (auf 0,5% genau) verglichen. Ich war von den Ergebnissen wirklich überrascht: Die meisten Messungen lagen innerhalb von 1% der Werte des größeren Messgeräts. Nur bei größeren Induktivitäten und Kondensatoren, z. B. einem 4700µF-Elektrolytkondensator, nahm die Genauigkeit ab, blieb aber mit etwa 5% innerhalb der Angaben von Fnirsi. Der Serienwiderstand und der Verlustfaktor zeigten ebenfalls eine beeindruckende Genauigkeit, obwohl ein kleiner Nachteil darin besteht, dass die Pinzette einen Verlustwert (D) für Induktoren anzeigt und nicht den Qualitätsfaktor (Q), der wahrscheinlich mit 1/Q gemeint ist. Das ist etwas, was in zukünftiger Firmware verbessert werden könnte, aber insgesamt bin ich mit der unerwartet hohen Genauigkeit sehr zufrieden.

    data table
    Die Messwerte werden im internen Speicher abgelegt und können als CSV-Datei in Excel importiert werden.

    Fazit

    Das Fnirsi LCR-ST1 ist ein äußerst praktisches Tool für die Arbeit mit SMDs. Es identifiziert Bauteile schnell und mit beeindruckender Genauigkeit und ermöglicht die Auswahl zwischen drei Messfrequenzen und zwei Messspannungen. Es eignet sich daher auch für In-Circuit-Messungen. Auch drahtgebundene Bauelemente sind leicht zu messen. Obwohl ich ein „großes“ LCR-Meter besitze, ist dieses Gerät für schnelle Messungen oder Überprüfungen viel einfacher – vor allem angesichts seines unglaublich niedrigen Preises. Es ist ein fester Bestandteil meines Hobbylabors!


    Übersetzung: Holger Neumann

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